23. April 1907 Münchweier - 9. April 2008 Murg (Baden)

Nach einem langen und erfüllten Leben ist der aus Münchweier stammende Oberregierungslandwirtschaftsrat i.R Emil Schwende­mann am 9. April kurz vor Erreichen seines 101. Geburtstages in seiner Wahlheimat in Murg (Baden) verstorben. Am 23. April 1907 kam er als Sohn des Landwirts und Bürgermeisters Franz Schwendemann zur Welt. Bald nach dem Abitur am Realgymnasium Ettenheim im März 1927 studierte er Agrarwissenschaften an der Landwirtschaftlichen Hochschule Hohenheim und schloss das Studium als Diplomlandwirt ab. Nach Abschluss des Studiums war er an verschiedenen Schulen in Baden als Lehrer tätig, unter anderem auch an der Kreislandwirtschaftsschule in Ettenheim und in Neustadt. Im August 1939 wurde er zum Militärdienst einberufen und im August 1944 geriet er in der Normandie in amerikanische Gefangenschaft. Zuerst kam er nach England, von wo er dann in ein großes Gefangenenlager nach Kanada verbracht wurde. Dort musste er in der Landwirtschaft arbeiten. Den im Lager lebenden Lehrer gab man Gelegenheit, den Mitgefangenen Unterricht zu erteilen, wobei ihm die Lehrgangsleitung für die Landwirte übertragen wurde. Ende 1946 gelangte er mit einem T~ai36i~f~chiff w{edernäch Euröpa zü±ück, müsste jedoch einen weiteren Lageraufenthalt in England durchstehen, bevor er im Dezember 1947 nach Hause entlassen wurde.

Zurück in Deutschland übernahm er in der Landwirtschaftsschule in Neustadt wieder den Unterricht auf, war dann drei Jahre lang im Badischen Ministerium für Ermährung in Freiburg angestellt, bis er 1951 an das Landwirtschaftsamt und die Landwirtschaftsschule Säckingen mit Sitz in Laufenburg versetzt wurde. Von 1955 bis zur Pensionierung 1969 war er Leiter dieses Amtes und der dort angegliederten Schule.

Mit dem Ruhestand begann für den 62-Jährigen ein ganz außer­gewöhnliches und viele Jahre dauerndes Engagement im Ehrenamt. An seinem 75. Geburtstag wurde der liebenswürdige und stets bescheidene Pensionär für seinen jahrelangen Einsatz zum Wohl der Allgemeinheit mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Der damalige Wirtschaftsminister Dr. Rudolf Eberle hob 1982 bei der Überreichung des Ordens in Murg (Baden) das Pflichtbewusstsein und die überzeugte Mitmenschlichkeit des Geehrten hervor. Er habe sich schon während seiner beruflichen Tätigkeit von Amts wegen, dann aber auch ehrenamtlich als Stadt­und Kreisrat für die Belange der Landwirtschaft des Hotzenwaldes und für die Menschen der Region eingesetzt. Darüber hinaus engagierte er sich im Pfarrgemeinderat und im Altenwerk, wirkte bei der Abfassung von Ortschroniken mit und stellte Sammlungen von Flurnamen mehrerer Gemeinden rund um Laufenburg zusammen. Landrat Dr. Wütz bezeichnete ihn als „Sachwalter der Landschaft“ und fasste sein Lob und seine hohe Anerkennung für die ehrenamtliche Arbeit von Emil Schwendemann in der Aussage zusammen: „Männer wie Sie fordern nicht, sondern arbeiten am Zustandekommen der Gemeinschaft.“

Die ersten fünf Jahre des Ruhestandes hatte Emil Schwendemann zuerst im Elternhaus in Münchweier verbracht und in dieser Zeit seine große Erfahrung als fachkundiger Berater bei der Rebflurbereinigung 1972 und beim Rebenaufbau auf der Gemarkung Münchweier eingebracht. Die Stadt Ettenheim würdigte Anfang 1978 dieses großartige Engagement und die Veröffentlichung zahlreicher Dokumentationen zur Geschichte seines Geburtsortes mit der Verleihung der Verdienstmedaille. Auch danach folgten alljährlich zum Teil mehrere Veröffentlichungen zu Geschichte, Brauchtum und Sprache von Münchweier. Eine besondere Veröffentlichung ist der „Ortenauer Wortschatz - Ein Bezeichnungswörterbuch in der Mundart von Ettenheim-Münchweier“ (1992). Im Vorwort zu diesem fast 400-seitigem Werk schrieb der Lahrer Oberbürgermeister a. D und Mundartautor Dr. Philipp Brucker: „Je öfters ich diese Sammlung zur Hand nehme, um so mehr wächst mein Respekt vor dem Verfasser der der Mundart und uns Mundartschreibern ein  Geschenk gemacht hat, für das man nicht genug dankbar sein kann.“ Eine besondere Ehre wurde vor kurzem Emil Schwendemann durch die Redaktion des noch im Aufbau befindlichen „Badischen Wörterbuches“ zuteil, die ihrem ständigen Mitarbeiter zum 100. Lebensjahr eine der jüngsten Teilausgaben gewidmet hat.

Das Werk, das Emil Schwendemann seiner Heimat hinterlässt, besteht aus ungefähr 80 Publikationen. Seine letzte Veröffentlichung war die Festschrift zur Neunhundertjahrfeier der Weihe der Kath. Pfarrkirche Hi. Kreuz im Jahre 1998. Es erfüllte den damals 91-Jährigen mit berechtigtem Stolz, dass diese Feier aufgrund seiner Forschung stattfinden und er sie noch als Krönung seines heimatgeschichtlichen Forschens miterleben konnte.

Die Heimatgemeinde, der Kultur- und Heimatverein Münchweier und der Historische Verein Ettenheim, dessen Mitglied er bis zu seinem Tod war, haben allen Grund, Emil Schwendemann, der sich wie kein zweiter um seine Heimat verdient gemacht hat, in dankbarer Erinnerung zu behalten.

Bernhard Uttenweiler