Der Musikverein Münchweier hat sein Maikonzert mit Ulrike Derndingers Geschichten verbunden.

Wie passen eine alte Dame und ein Walzer denn bloß zusammen, und was hat ein Bauernhof aus der Ortenau mit der Titanic zu tun? Manch einer mochte sich beim Lesen der Vorankündigung gewundert haben, wie Blasmusik und alemannische "Verzählkunscht" zusammengehen können. Des Rätsels Lösung präsentierten der Musikverein mit seinm Dirigenten Christian Sade und Mundartautorin Ulrike Derndinger am Samstagabend beim Maikonzert in der Festhalle.

Querbeet führten Musik und Literatur mit Volldampf durch einen äußerst interessanten und sehr kurzweiligen Abend, von dem die Besucher begeistert waren. Nicht erst zum Schluss gab es Applaus, ohne Zugaben durften sich weder das Orchester noch Derndinger vom Publikum verabschieden. Der Verein hatte schon in den Jahren zuvor viel Neues gewagt, diesmal war es eben ein musikalischer Erzählabend oder eine literarische Musikaufführung. "Wenn man schon in Alemannien wohnt, kann man auch was auf Alemannisch machen", anwortete Sade mit verschmitztem Lächeln in der Pause auf die entsprechende Frage.

Verbindungen haben Dirigent und Autorin, die nach einem Studium der Theologie "die Kurve kratzte" und nun als BZ-Redakteurin in Lahr arbeitet, mit gemeinsam aufgeführten Stücken geschaffen und mit Solodarbietungen. Begeistern taten beide jede auf ihre eigene Art. Die Musiker spielten quasi zum Aufwärmen ein Polka, ehe Ulrike Derndinger Geschichten "Zwische de Ziilde" und von "Drache, hiwwe un driwwe" erzählte. Aufgewachsen ist sie im Dorf auf einem Bauernhof, wovon an dem Abend viele autobiografische Erzählungen zeugten – Stichwort: die Mutter.

Frisch, schwungvoll und spritzig war die Interpretation der Münchweierer Musiker von Herbie Hancocks "Cantaloop", bei der Trompeter Harald Wangler mit einem Solo glänzte. Musikalisch haben die Musiker noch mal eine Schippe draufgelegt, wie sich beim Spielen von anspruchsvollen Stücken wie dem russischen Marsch von Johann Strauß und dem Klarinettenkonzert von Rimsky-Korsakov zeigte, der passte mit seiner lyrischen Beschwingtheit perfekt zum Frühlingsabend. Für Solistin Lena Aust an der Soloklarinette gab es nach dem Stück neben dem Extraapplaus auch noch einen Handkuss von Christian Sade. Dass sich die Münchweierer Musiker weiterentwickelt haben, zeigten sie mit meisterhaftem Spiel von "Fortuna Imperatrix mundi" aus Carl Orffs "Carmina Burana".

Jazzig, ergreifend, auch leichtfüßig war die Darbietung

Ein jazziger Ausflug war ein Duett, in dem Derndinger von einer Altersheimbewohnerin erzählte, die dement ist, aber ihren letzten Lebensabschnitt selbstbestimmt gestaltete und auch selbstbestimmt starb. Sparsam und wirkungsvoll gesetzt dazu Christian Sades Tuba und ein bisschen Holzschlagwerk. "Schnooge", also Stechmücken, gaben das Stichwort für eine gelungene Erzählung über ihre Eltern, der Vater war aus der Rheinebene, sie aus der Vorbergzone. "Berg un Tal kumme nit zämme, aber d Lit", hieß es. Dazu gab es das Lied vom "Hans im Schnoogeloch" von Orchester und Sänger Harald Wangler. Fremde lernen sich heimisch zu fühlen, so der Bub aus Kasachstan bei Apfelküchle ("Wodka-Sprooch"), in "Deheim sin" ist von der gelungenen Integration zweier Kaiserstühler in die Ortenau die Rede. Passend zur Filmmusik "Mission impossible" war Derndingers Erzählung darüber, wie sie mit der Handarbeit auf Kriegsfuß steht. Über den Spruch der Mutter, dass die Sätze der Tochter so gerade seien, als hätte die Mutter sie gestickt, lachte man herzlich.

Es folgte eine Kombination des Stücks "Titanic" und der Geschichte "Scheidzeiche" über einen untergehenden Bauernhof. Beide waren groß und stark, bis sich das Blatt wendete. Einen Kloß im Hals hatte mancher Zuhörer, als die Rede von der letzten Kuh im Stall war, die zum Schlachten geholt wird. Gänsehaut verursachten auch die Musiker, als es nach einem leichtfüßig gespielten Tanz im Ballsaal zur Kollision mit dem Eisberg kommt und sich Todesangst unter den Passagieren breitmacht. Auch auf die leichtere Muse verstand sich das Orchester, wie der zum Schluss leicht gespielte "Sunrise Waltz". Der passte mit seiner Leichtigkeit zur anrührenden Geschichte von Alfred und Frieda in "Ufghobe".
Ehrungen: 20 Jahre Sandra Salzer, 25 Jahre Anette Burger, 30 Jahre Edwin Oswald, 40 Jahre Harald Greschbach, Harald Wangler, Gerold Wazeck, Ehrenmitglieder Harald Greschbach, Reinhard Oswald, Harald Wangler

Quelle: 
Badische Zeitung, Foto: O. Michel/S. Decoux-Kone